Erzgebirger plant Tour-Start als Edelhelfer für Cadel Evans
Marcus Burghardt fährt seine zehnte Saison als Radprofi. Er hat nach wie vor Spaß dabei, die Stars wie Tour-Sieger Evans oder Weltmeister Philippe Gilbert zu unterstützen.
Von Thomas Prenzel
Maastricht/Chemnitz - An prominenten Kollegen mangelt es Marcus Burghardt nun wirklich nicht im Radrennstall BMC. Vor dem Start beim "Amstel Gold Race", seinem dritten Klassiker in den
vergangenen drei Wochen, teilt der gebürtige Zschopauer das Hotelzimmer mit dem großen Favoriten des Rennens, das einst nach der holländischen Biermarke benannt wurde: Philippe Gilbert, der
belgische Straßenweltmeister von 2012, gewann das "Amstel" 2010 sowie 2011 und brachte sich am Mittwoch als Sieger beim "Pfeil von Brabant" schon mal richtig in Stimmung. "Und mit mir auf der
Bude kann er sicher noch was dazulernen", scherzte Marcus Burghardt vor dem Ritt über 251,4 Kilometer mit Ziel auf dem legendären Cauberg in Valkenburg.
Die gute Laune beim Erzgebirger ist berechtigt, auch wenn sich sein Karrieretraum - bei den Lieblingsklassikern in Flandern und Paris-Roubaix einmal ganz oben zu stehen - auch dieses Jahr nicht
erfüllte. Der zwölfte Rang in Flandern und Platz 22 bei der Fahrt durch die "Hölle des Nordens" in Frankreich konnten sich zwar sehen lassen. Im Radsportgeschäft, in dem bei Rundfahrten der
Etappenzweite nicht mal aufs Podest gerufen wird, zählen aber gemeinhin nur Siege. Das ist auch bei Burghardts Brötchengeber, dem amerikanischen Fahrradhersteller BMC, so. Der für den Sport
zuständige Manager Allan Peiper nennt dazu klare Vorgaben: "Wir wollen mehr Siege als 2013." Im vergangenen Jahr kamen immerhin 30 Triumphe für BMC zusammen.
Marcus Burghardt war Ende März als Etappenzweiter der Katalonien-Rundfahrt schon mal ganz nah dran. Bei den großen Klassikern und Rundfahrten wird der 30-Jährige allerdings weiterhin in erster
Linie Arbeit für seine Kapitäne leisten müssen. Geplant ist dies auch für die Tour de France, bei der Cadel Evans seinen Triumph von 2011 wiederholen will. Noch ist aber offen, ob der Australier
dann mit Neuzugang Samuel Sanchez, den Olympiasieger von 2008, in den Alpen und Pyrenäen einen prominenten Helfer an seiner Seite weiß: "Ich denke, dass die beiden nur den Giro zusammen fahren.
Bei der Tour haben wir ja auch noch Tejay van Garderen als starken Kletterer", blickt Burghardt voraus.
Beim "Amstel Gold Race" dürfte Greg Van Avermaet die BMC-Doppelspitze mit Gilbert bilden. Die wird von den Kollegen mit Windschatten, Getränken und gegebenenfalls einem neuen Vorder- bzw.
Hinterrad unterstützt. Neben Sanchez, der im Februar zu BMC wechselte, ist sich auch Burghardt dieser Helferdienste nicht zu schade. "Das ist kein Problem. Mein Beruf bereitet mir noch viel Spaß.
In Katalonien konnte ich eine Etappe auf Ergebnis fahren.
Leider hat es nicht ganz zum Sieg gereicht", erzählte der Profi, der sein gleichnamiges Junior-Team im Heimatverein Venusberg mit Rennrädern, Material oder Geldprämien unterstützt.
Der Tour-de-France-Etappensieger von 2008 weiß, wo seine Wurzeln sind. Und er weiß auch, dass die Übungsstunden in seiner Jugend bei Trainer Klaus Fischer die Grundlage schufen, dass er nun in
einem professionellen Umfeld seiner Leidenschaft nachgehen kann. Bis 2016 läuft sein Vertrag mit dem BMCTeam, das diese Saison als wichtigste der vergangenen Jahre auserkoren hat. Entsprechend
groß ist der finanzielle Aufwand. Bei Paris-Roubaix sorgten sich 24 Betreuer um die 8 Profis im Rennsattel. Nahezu alle der knapp 100 Mitarbeiter - von den Mechanikern, über die
Physiotherapeuten, Ärzte und vier Pressesprecher bis hin zu den Fahrern - schworen sich bereits im Dezember am Meer in Spanien bei Tennis, Golf, Go-Kart und gemeinsamen Wanderausflügen auf die
neue Saison ein. "Jeder muss Bescheid wissen, was von ihm erwartet wird", begründete Peiper die teambildende Maßnahme. Marcus Burghardt hat das verstanden: "Mehr als 30 Saisonsiege ohne einen
klassischen Sprinter im Team - das wird schwierig, ist aber machbar." Vielleicht hat's Zimmerkollege Philippe Gilbert gehört und fährt schon morgen seinen dritten Erfolg beim "Amstel Gold Race"
ein.
Bildtext: Marcus Burghardt vergangenen Sonntag bei Paris-Roubaix, wo Teamkollege Greg Van Avermaet vor ihm in aussichtsreicher Position stürzte. Foto: N. BOUVY/dpa