Voller Stolz im Regenbogentrikot
Sie sorgten für ein Novum in der Radsportgeschichte der Region: Nicolas Heinrich, Pierre-Pascal Keup und Moritz Kretschy sind Weltmeister der Junioren in der Teamverfolgung. In der Männerklasse gibt es nun einen gemeinsamen Traum.
VON MARTINA MARTIN
CHEMNITZ - Am Wochenende ist ihr Können auf der Straße gefragt. Die Deutsche Bergmeisterschaft im Sauerland wird gleichzeitig als Abschlussrennen der Bundesliga ausgetragen. Das Junioren-Schwalbe-Team Sachsen möchte dabei den zweiten Gesamtrang sowie die starken Platzierungen in der Einzelwertung verteidigen. Die wichtigsten Stützen im Team sind mit Nicolas Heinrich, Pierre-Pascal Keup und Moritz Kretschy drei Weltmeister. Die Nachwuchs-Asse, die am Chemnitzer Bundesstützpunkt trainieren, feierten bei den Titelkämpfen in Frankfurt (Oder) mit dem Bahnvierer ihren bislang wertvollsten Erfolg, garnierten diesen zudem mit einem Weltrekord. Im Verfolgerbereich schrieben sie damit für den Radsport der Region ein neues Kapitel Geschichte.
„Ihre Regenbogentrikots, auf die sie natürlich riesig stolz sind, dürfen sie dann in der nächsten Woche bei einem Grand Prix in Wien tragen“, berichtete ihr Heimtrainer Steffen Haslinger. Während Moritz Kretschy noch ein Jahr im Juniorenbereich fährt und so einige Gelegenheiten dazu hat, müssen sich seine zwei Mitstreiter danach im Männerbereich beweisen. Zum ersten Sichtungsrennen erhielten sie bereits eine Einladung. „Vielleicht bekommen sie mal eine Chance im Weltcup. Aber langfristig geht es bei ihnen um den Olympiazyklus bis 2024“, skizzierte der Coach die aktuelle Situation auf. Auch er erlebte in seiner beruflichen Tätigkeit derartige Sternstunden erstmals, wobei noch weitere Medaillengewinne zu Buche stehen: Nicolas Heinrich holte im Einzel WM-Silber und EM-Gold, dazu kam EM-Bronze im Team. „Wir hatten vor der Saison gehofft, dass wir einen oder zwei Fahrer bei internationalen Rennen dabeihaben. Aber diese Ergebnisse waren nicht zu erwarten“, zeigte sich der 57-Jährige noch immer beeindruckt, wenn er die Ereignisse Revue passieren lässt.
Nicolas Heinrich, der bis dahin die meisten Erfahrungen besaß, hatte er dabei am ehesten zugetraut, dass er sich in der Auswahl etablieren kann. „Meine Leistungen auf der Bahn waren einfach besser. Und dann ist in dieser Saison der Knoten geplatzt“, erzählte der 17-Jährige, der in der Jugend bei der Deutschen Meisterschaft Vierter im Einzel wurde. Als Junior raste er erst zum EM-Titel, dann zu Silber bei der DM und bei der WM. Dabei musste er sich zweimal nur seinem Kumpel Tobias Buck-Gramcko aus Göttingen, den er bei der EM wiederum bezwang, geschlagen geben. Beide lieferten sich besonders beim Saisonhöhepunkt ein tolles Duell im Finale. „Wir wussten zwar nach der EM, was wir können. Aber die Konkurrenz war eine ganz andere. Mit den Finals hätte ich vorher nie gerechnet. Aber es fühlt sich alles schon sehr gut an“, meinte Nicolas Heinrich, der für Lok Zwickau startet. In diesem Verein begann er als Elfjähriger bei Andreas Müller mit dem Radsport. Später trainierte er bei Legende Wolfgang Lötzsch, ehe er mit der achten Klasse wegen der optimalen Bedingungen nach Chemnitz wechselte und nun am Sportgymnasium die 12. Klasse absolviert.
Pierre-Pascal Keup, der in Neuwürschnitz zu Hause ist, fährt ebenfalls für den Club in Westsachsen. Er kam im Halbjahr der neunten Klasse an den Stützpunkt, fing einst beim SV Mittweidatal Raschau-Markersbach an. Eigentlich lag sein Fokus mehr auf der Straße, auf der er von seiner Stärke auch nichts eingebüßt hat. Im aktuellen Bundesligaranking behauptet er Rang drei. Vor Saisonbeginn standen internationale Bahnwettbewerbe eigentlich nicht unbedingt auf seiner Agenda. Doch als er im Januar während des Sechstagerennens in Berlin sich im Madison stark präsentierte, wurde Junioren-Bundestrainer Tim Zühlke auf ihn aufmerksam. Der Coach lud ihn zum nächsten Sichtungslehrgang im Frühjahr ein, bei dem er auf Anhieb überzeugte. „Ich wurde dann erst im Mai in den Nationalkader aufgenommen, war dann immer dabei“, berichtete der 18-Jährige, der ab Oktober an der Hochschule in Mittweida Biotechnologie studiert.
Moritz Kretschy gerät beim Erinnern gleichfalls immer noch ins Schwärmen. „Weltmeister im eigenen Land – das war schon krass, unbeschreiblich“, denkt der 17-Jährige voller Euphorie an das bisherige Highlight seiner Karriere zurück. Da er dem jüngeren Jahrgang angehört, besitzt er sogar die Chance auf eine Wiederholung. Klar hegte er den Wunsch, bei der Heim-WM dabei zu sein, doch bis zum Frühjahr bezeichnete er seine Leistungen als eher durchschnittlich. Dann präsentierte auch er sich bei der Sichtung stark. „Ich konnte mich optimal weiterentwickeln“, fügte der Schüler des Sportgymnasiums (12. Klasse) hinzu. Er fing als Achtjähriger beim RSV Venusberg an, erkämpfte erste Meriten unter den Fittichen von Klaus Fischer, gehörte dem Marcus-Burghardt-Juniorteam an. Vom Profi erhielt er sofort Glückwünsche nach dem Triumph. Wie sein Vorbild möchte er irgendwann ebenfalls bei der Tour de France starten. Auch seine Gefährten denken so manches Mal an Toprundfahrten.
Doch diese Wünsche besitzen derzeit keine Priorität, denn das Trio träumt von Olympia 2024, will diesem Vorhaben in den nächsten Jahren sportlich alles unterordnen. Dabei beschwören die drei Weltmeister den tollen Teamgeist in ihrer coolen Gruppe, in der sie sich gegenseitig pushen und so voranbringen. Man darf gespannt sein, welche Premieren ihnen noch gelingen ...
Bild:
Steffen Haslinger
Trainer
FOTO: KRISTIN SCHMIDT
Bildtext: Nach dem Titel mussten bei den Weltmeistern Nicolas Heinrich, Moritz Kretschy und Pierre-Pascal Keup (v.l.) vom Bundesstützpunkt Chemnitz sowie den weiteren Gefährten die Haare dran glauben. FOTO: KRISTIN SCHMIDT