„Irgendwann muss es gut sein“
Radsport: Klaus Fischer hat zahlreiche Athleten zu Erfolgen geführt – Mit 70 will er etwas langsamer strampeln
VENUSBERG - Mit Klaus Fischer hat ein echtes Radsport-Urgestein diesen Montag seinen 70. Geburtstag gefeiert. Im Gespräch mit Andreas Bauer blickt der Trainer des RSV 54 Venusberg auf seine lange Laufbahn zurück. Dabei verrät er auch, dass sich die Corona-Pandemie ganz anders ausgewirkt hat als von vielen befürchtet.
Freie Presse: Nachträglich alles Gute zum Geburtstag! Konnte trotz der aktuellen Lage ausgiebig gefeiert werden?
Klaus Fischer: So gut es im Rahmen der Möglichkeiten eben ging. Neben meiner Familie sind auch einige ehemalige Sportler und Wegbegleiter gekommen, um mir zu gratulieren. Andere haben sich telefonisch gemeldet. So wie Marcus Burghardt, der sich wegen der Flandern-Rundfahrt und dem Eintagesrennen von Brügge nach De Panne derzeit in Belgien aufhält.
Marcus Burghardt wird immer als Ihr erfolgreichster Schützling genannt. Wie ist Ihr Kader aktuell an der Spitze aufgestellt?
Da gibt es genügend junge Sportler, denen ich genauso viel zutraue. Felix Groß hat ja gerade erst zwei Titel bei der U-23-Europameisterschaft auf der Bahn gewonnen. Er ist für Olympia nominiert und hat außerdem gute Chancen auf einen Vertrag in einem Profiteam. Auch Moritz Kretschy, der ebenfalls bei der EM Medaillen holen konnte, hat den Anschluss geschafft. Auch im Schüler- und Jugendbereich haben wir zum Beispiel mit den Brüdern Toni und Pepe Albrecht hoffnungsvolle Talente in unseren Reihen.
Könnte sich die Corona-Pandemie bei deren Entwicklung nicht negativ auswirken?
Trotz der Pandemie und des Lockdowns haben alle zur Stange gehalten. Vom Trainingsumfang und vom Niveau her konnten wir sogar mehr machen als in den vergangenen Jahren, da die Zeit, in der die Schule ausfiel, intensiv genutzt wurde. Die Wettkämpfe haben zwar gefehlt, aber als es dann endlich losgehen konnte, haben wir zugeschlagen und waren im Nachwuchs wieder mal Spitze in Sachsen.
Stichwort Corona: Aufgrund Ihres Alters gehören Sie zur Risikogruppe. Bremst Sie da die Pandemie nicht etwas aus?
Das Ganze ist kein Problem für mich, ich habe trotzdem das volle Pensum durchgezogen. Man kann sich ja sowieso nicht vor dem Virus verstecken. Abgesehen von Sportlern, die von ihrer Schule aus in Quarantäne mussten, gab es im Verein auch keinerlei Fälle.
Trotzdem: Sind Sie mit 70 nicht müde, all die Aufgaben auf sich zu nehmen?
Gerade habe ich meine 50. Saison als Trainer hinter mich gebracht. Irgendwann muss es schon mal gut sein. Ich will mich ja auch um meine Enkel kümmern oder mich einfach mal in die Sonne legen. Deswegen werde ich im nächsten Jahr deutlich kürzertreten.
Ist der Verein dafür gerüstet?
Mit René Schmieder steht ein Nachfolger bereit. Er ist bei mir gefahren und steht jetzt schon seit einigen Jahren als zweiter Trainer an meiner Seite. Es ist ja auch nicht so, dass ich komplett weg bin. Natürlich werde ich dem Verein und speziell dem Marcus-Burghardt-Junior-Team weiter unter die Arme greifen.
Welche Tipps können Sie Ihrem Nachfolger geben?
Der Umgang mit den Kindern, Respekt und Autorität – darauf kommt es an. Man darf sich nicht auf der Nase rumtanzen lassen. Ich habe als Trainer viel Zeit geopfert und war eigentlich rund um die Uhr für den Verein da. Genauso müssen auch die Sportler verschiedene Dinge hinten anstellen, um erfolgreich zu sein. Nur die Schule geht vor.
Hatten Sie selbst diese Einstellung in jungen Jahren?
Der Radsport war mir ungemein wichtig. Ich habe mit 16 meinen ersten Trainerschein gemacht, weil wir in unserer Sektion bei der BSG Fortschritt Venusberg keinen Übungsleiter hatten. Der Sport lag am Boden. Dann habe ich gemerkt, was wir im Training alles falsch gemacht haben und es verändert. 1969 habe ich dann meinen drei Jahre jüngeren Bruder Bernd bei der DDR-Meisterschaft „Rund um Venusberg“ betreut – und er holte Bronze.
Was waren weitere Höhepunkte Ihrer Trainerlaufbahn?
Alles kann ich gar nicht aufzählen, denn was alles passiert ist, war wirklich der Wahnsinn. Aber ich bin schon besonders stolz gewesen, als wir 1974 Trainingszentrum wurden und jedes Jahr Talente wie Uwe Sander oder Gerd Meyer an die Sportschule delegieren konnten. Auch nach der Wende, als die steile Karriere von Marcus Burghardt ein Highlight darstellte, blieben wir Stützpunkt. Es folgten viele Talente mit großen Erfolgen über Martin Bauer, die WM-Medaille von Felix Zschocke bis hin zum ersten WM-Titel durch Moritz Kretschy.
Waren solche Erfolge genau der Lohn, den Sie sich für Ihre Strapazen erhofft haben?
Sicherlich habe ich mich immer riesig mit den Jungs gefreut. Aber genauso wichtig ist es mir schon immer gewesen, mit allen Sportlern in Kontakt zu bleiben. Wenn ehemalige Aktive wie zum Beispiel Sven Firley uns weiterhin unterstützen, indem sie dem RSV 54 Venusberg bei der Austragung von Wettkämpfen helfen, dann macht mich das genauso stolz. Denn nur so kann ein Verein heutzutage überleben.
Bildtext: Auch die frisch gebackenen Medaillengewinner der Junioren-Europameisterschaft Felix Groß (links) und Moritz Kretschy waren gekommen, um Trainer Klaus Fischer zum 70. Geburtstag zu gratulieren.
FOTO: ANDREAS BAUER